Bericht: Treffen der Naturfreundejugend Tübingen aus den 1960ern

12. Juni 2024 im Naturfreundeheim in der Neuhalde

Klettergruppentreffen

Manne und Gerda riefen und viele kamen! Es sollte ein „Tag des Wiedersehens“ werden und er wurde es auch. In den 60er Jahren gab es eine sehr aktive Klettergruppe der Naturfreunde Tübingen. Manne und Gerda wagten den Versuch und luden die alten Kameradinnen und Kameraden – so sie noch lebten und ihre Anschrift bekannt war – ein, am 12. Juni um 15 Uhr ins Naturfreundeheim in der Neuhalde zu kommen. Nacheinander trudelten sie ein: der Kurt und die Herta Weimer, der Peter Sinner, der Peter Knöller, seine Frau kam später noch dazu, der Fritz Schmid, der Günter und die Helga Motzer (ich hoffe, ich habe niemand vergessen – es waren überwiegend Personen, die ich bisher noch nicht kannte, deren Vertrautheit und Erzählfreude mich aber schnell begeisterte). Inge, die nicht zur Klettergruppe gehörte (sie ist noch zu jung dafür), war die gute Fee im Hintergrund und verteilte Kaffee und Kuchen. Schon während der ersten Bissen begann das „Weißt-Du-noch?“.

Es ging zurück ins letzte Jahrhundert / Jahrtausend, in den Beginn der 60er Jahre. Man fuhr mit dem VW-Kastenwagen mit mehr Leuten als Sitze vorhanden waren ins Donautal, um zu klettern. Mit einem alten 170er Mercedes, der beim Möck für wenig Geld gekauft worden war, ging es nach Südfrankreich. Im Tannheimer Tal führte die Wander- und Kletterbegeisterung aufs Jägerhaus. Die Buben übernachteten im Zelt, die Mädchen im Haus. Einer fand dabei seine Ehefrau (sie hieß und heißt Gerda), weil er so begeistert von ihr war, als er erfuhr, dass sie es war, die ungefragt die vor das Zelt gestellten Wanderstiefel geputzt hatte (es kann aber auch auf der Tour in die Pfalz gewesen sein). Überhaupt: So manche Ehe hat und hatte ihren Ursprung in der gemeinsamen Jugendgruppenzeit der Naturfreunde.

Ausgangspunkt vieler Klettertouren war die Rohrauer Hütte, wo man u.a. Kontakt zum französischen Militär erhielt, als ein höheres Militärmitglied in der Nähe über 50m in die Tiefe gestürzt war und ihn die Klettergruppe geborgen hatte. Der Wunsch, in die Tübinger Klinik gebracht zu werden, wurde ihm zum Verhängnis – er starb unterwegs. Besonders anspruchsvoll war die Kletterei am Watzmann. Man fuhr mit dem Zug und – wie so oft – einige mit dem Motorrad. Die Wimbachgrieshütte war dann Ausgangspunkt für Wander- und Klettertouren, unter anderem auf den Watzmann Gipfel. Auf einer der Touren musste ein Mädchen gerettet und zum Weiterlaufen animiert werden, indem sie einen kräftigen Schluck aus der Schnapsflasche erhielt. In Erinnerung blieb auch, dass man von der Wimbachgrieshütte aus bei Nacht sehen konnte, wie der erste Sputnik die Erde umkreiste. Einer der Höhepunkte war die abenteuerliche Fahrt mit 2 VW Bussen und einem altersschwachen Opel Rekord nach Aix-en-Provence im Jahre 1963. Manne war zuvor schon als Jugendvertreter der Stadt in Aix beim feierlichen Beginn der Jumelage zwischen Tübingen und Aix-en-Provence. Die Kletterer folgten und hatten dort erlebnisreiche Tage. Es wurden Muscheln direkt am Meer gegessen, der unbekannte Geschmack der Oliven wurde mit viel Wein überlagert und natürlich wurde auch mit den französischen Freunden zusammen geklettert – allerdings erschienen sie in lockerer Bekleidung und mit Schuhwerk (französische Lebensart halt), was bei den hiesigen Kletterern zu Verwunderung, ja Entrüstung führte.

Man wanderte und kletterte nicht nur, man wusste auch zu festen. In Erinnerung kam ein Fest am Steinenberg, bei dem ein ganzer Hammel, der auf dem Motorrad von Gärtringen herbeigeschafft worden war, gegrillt und verspeist wurde.

Brigitte, die noch zu uns gestoßen war, Inge und ich hörten gespannt den Erzählungen zu. Es war interessant, wie nach und nach Erinnerungen ans Licht kamen, die auch bei den damaligen Teilnehmern teilweise verblasst waren, aber dann begeistert bestätigt wurden. Man sehe mir nach, wenn in meinem Bericht nicht alles stimmt. Es war zu viel auf einmal, um alles korrekt festzuhalten. Wichtig erscheint mir, Zeugnis davon abzugeben, dass es bei uns Naturfreunden noch Leute gibt, die seit ihrer Jugend dabei sind und von ihren damaligen Erlebnissen heute noch zehren. Es war ein Vergnügen, ihnen zuzuhören.

Bericht und Foto Hannes Büchner

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