2015 Rennsteigwanderung

Auf den Spuren der deutschen Vergangenheit – 25 Jahre nach der Wiedervereinigung

Es waren die letzten Tage der DDR, als die Tübinger Naturfreunde auf dem Rennsteig wanderten. Zwei Jahre hatten wir auf die Erlaubnis gewartet, vom Altenberger See bis Neuhaus a. R. unterwegs sein zu dürfen. Am 2. Oktober 1990 haben wir noch eine Etappe angehängt und wurden am Abend vom Bürgermeister in Steinbach am Wald begrüßt „Ihr seid die letzte Wandergruppe, welche die deutsch-deutsche Grenze überschritten hat.“

Nach 25 Jahren wollten wir sehen, wie sich das Zonengrenzgebiet verändert hat. Unser Quartier war in Spechtsbrunn/Thüringen und von dort sind wir am Tag der deutschen Einheit wieder nach Steinbach am Wald gewandert, haben aber die Stelle unseres damaligen Grenzübertritts von 1990 nicht mehr gefunden. Neue Straßen wurden gebaut, das „Grüne Band“ markiert den ehemaligen Grenz-verlauf vom sächsisch-bayrischen Vogtland bis hin zur Ostsee. In Mödlareuth, auch „Little Berlin“ genannt, sind im deutsch-deutschen Grenzmuseum noch die Grenzbefestigungsanlagen erhalten –Grenzzaun, Durchlasstor mit Mauerelement, Kfz-Sperrgraben, Mauerteile, Beobachtungstürme. Ein Film dokumentiert die bedrückenden Verhältnisse während der 40 Jahre innerdeutsche Grenze.

An den folgenden Tagen wollten wir beim Wandern erfahren, wie die Menschen heute in der Grenzregion leben. Königlich-Tettau ist die älteste Porzellanfabrik in Bayern mit damals 220 Beschäftigten –jetzt sind es nur noch ca. 60. Die Herstellung von Porzellan wurde uns vorgeführt und beim Bemalen /Dekorieren der versch. Artikel konnten wir dem künstlerischen Personal zuschauen. Der Rückweg führte uns entlang der ehemaligen Grenze zum Naturpark-Informationszentrum Spechtsbrunn.

Das „Blaue Gold“ war die Haupterwerbsquelle im Thüringschen Schiefergebirge. Auf dem Gelände des „Technischen Denkmal Historischer Schieferbergbau Lehesten“ wird vom Abbau bis zur Verarbeitung gezeigt, wie Schiefer beim Bau zur Dacheindeckung und Fassadenverkleidung verwendet wird. Die Dorfbilder in der Umgebung sind vom Schiefer geprägt und Schiefertafeln für die Schule wurden damals in die ganze Welt exportiert.

In Nordhalben besuchten wir eine der wenigen noch existenten Klöppelschulen. Eine internationale Spitzensammlung macht deutlich, wie aufwendig das Kunsthandwerk Klöppeln ist und wer sich mit den Spitzen schmücken konnte. In Heimarbeit hergestellt waren die kleinen Kunstwerke früher eine zusätzliche Erwerbsquelle, heute bietet die Klöppelschule Kurse für Kinder und Erwachsene an.

Der letzte Tag unserer Wanderreise führte zum sogenannten Altvaterturm auf dem Wetzstein-792m. Auf dem Rennsteig und besonders am Schönwappenweg wanderten wir an alten Grenzsteinen aus verschiedenen Jahrhunderten vorbei, welche die territoriale Zersplitterung der Freistaaten Thüringen und Bayern deutlich machten. Zu den besonders schön gestalteten alten Grenzsteinen standen die schmucklosen Betonklötze aus der DDR-Zeit in einem strengen Kontrast.

Bei den Wanderungen im Rennsteig-Gebiet begleitete uns immer wieder das “Grüne Band“, welches Lebensraum für geschützte Pflanzen und Tiere ist und eine von Menschen geschaffene, hoffentlich für alle Zeiten aufgehobene Grenze markiert.

Herbert Schmitt / Peter Sinner

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